Was ist eigentlich Fernschreiben?


Da immer wieder Fragen aufkommen, was genau Fernschreiben ist und wozu das i-Telex-Netz eigentlich dient, wurde diese Seite eingerichtet. Die Erklärungen sind bewusst einfach gehalten, um den geneigten Leser nicht zu überfordern und mit trockener Theorie zu langweilen - also los gehts :-)

 

Ein Fernschreiber ist im Grunde genommen eine Art elektromechanische Schreibmaschine. Man spannt Papier ein und schreibt dann, wie auf einer Schreibmaschine, einen Text. Dieser Text wird in der Regel mit Typenhebeln auf das Papier "geschlagen"; moderne Fernschreiber können dies auch mit Hilfe eines Nadeldruckers. Bitte immer bedenken, dass die Blütezeit dieser Geräte zu einer Zeit war, als es keine Fernkopierer (Fax) oder E-Mails gab, also von etwa Mitte der 50er bis Mitte der 80er Jahre.

 

Der große Unterschied zwischen besagtem Fernschreiber und der Schreibmaschine ist, dass die Fernschreiber untereinander kommunizieren können. Wenn man also nun von Deutschland aus einem Geschäftspartner in Japan eine Bestellung übermitteln wollte, konnte man entweder den langsamen Weg der Briefpost wählen oder in Echtzeit ein Fernschreiben (auch TELEX genannt, von Teleprinter Exchange) übermitteln. Dazu wählt man von seinem eigenen Gerät aus die Rufnummer des entfernten Teilnehmers und sendet seinen Text aus. Dieser erscheint im gleichen Moment Zeichen für Zeichen beim Empfänger. 

 

Der empfangende Fernschreiber brauchte zum Annehmen eines "Anrufs" kein Bedienpersonal. Da jedes Gerät Tag und Nacht erreichbar sein musste sowie eine nicht veränderliche, einmalige verplombte Kennung besaß (diese besteht aus Rufnummer, Namenskürzel und Länderkennung, zum Beispiel "35197 tectro a"), hatte ein TELEX gleich mehrere Vorteile: 

  • Durch Abfrage der Kennung konnte man 100%ig sicher sein, dass man mit dem korrekten Teilnehmer verbunden ist.
  • Da die Kennung nicht vom Benutzer geändert werden konnte, galt ein TELEX als rechtsgültiges Dokument.
  • War ein TELEX ordnungsgemäß komplett übermittelt, galt es als rechtsgültig zugestellt (wie "Einschreiben eigenhändig").
  • Durch die ständige Erreichbarkeit konnten dringende Texte sofort und zu jeder Uhrzeit übermittelt werden.

Diese Verbindungen kosteten natürlich Geld - von einigen Pfennigen bis hin zu mehreren DM pro Minute für Übersee-Verbindungen. Da hier "Zeit ist Geld" galt und nicht jeder fehlerfrei 400 Zeichen pro Minute schreiben konnte, hatten Fernschreiber eine Lochstreifen-Einrichtung. Dort konnte man in aller Ruhe, ohne dass es Geld kostete, das TELEX vorbereiten: Geschriebener Text wurde auf lange Papierstreifen, die als Datenspeicher dienten, gelocht. Wenn man dann seinen kompletten Text dann endlich auf einen elend langen Lochstreifen gelocht hatte, rief man den entfernten Teilnehmer an, legte den Lochstreifen in das Lesegerät und startete die Übertragung, die dann in der maximal technisch möglichen Geschwindigkeit übertragen wurde. Der Lochstreifen hatte nach der Übermittlung des Textes ausgedient und wurde entsorgt - oder für die nächste Feier als Girlande zweckentfremdet.

 

Mit dem Aufkommen von Fax und E-Mail verlor der Fernschreiber immer mehr an Bedeutung. Die Übertragungsgeschwindigkeit war nicht mehr schnell genug, der Zeichensatz nicht ausreichend. Es konnten keine Bilder oder Grafiken versendet werden, sondern nur Kleinbuchstaben, Ziffern und einige wenige Sonder- und Satzzeichen. Mitte/Ende der 80er gingen die Teilnehmerzahlen deutlich zurück. Ende der 90er war das TELEX fast schon bedeutungslos, nur noch einige Banken, Fluggesellschaften und Behörden setzten den unverwüstlichen, jedoch viel zu langsamen Fernschreiber ein. 2007 war dann in Deutschland endgültig Schluß und das öffentliche TELEX-Netz wurde abgeschaltet. Die alten Fernschreibmaschinen konnten nun nicht mehr miteinander kommunizieren, da das Netz, über das sie sich verbunden haben, nicht mehr existierte.

Man konnte die Geräte zwar noch "offline" verwenden, um etwa Lochstreifen zu beschreiben, aber es konnte nichts mehr versendet und empfangen werden. Also suchte man nach einer Lösung, und so wurde das TelexPhone und später das i-Telex geboren. i-Telex verhält sich dabei genau so, wie damals das öffentliche TELEX-Netz, der Ablauf ist gleich. Natürlich müssen beide Maschinen an das i-Telex-Netz angeschlossen sein:

  • Drücken der "Anruftaste", um von der simulierten Vermittlungsstelle das "OK" zum Wählen zu bekommen
  • Wählen der i-Telex-Nummer, entweder über ein Anschaltegerät (Wählscheibe) oder über die Tastatur des Fernschreibers
  • Abfrage der Kennung der entfernten Maschine, senden der eigenen Kennung (sogenannter Kennungsgeberaustausch)
  • Übermittlung des Textes, gefolgt von erneutem Kennungsgeberaustausch
  • Beenden der Verbindung durch drücken der "Schlußtaste"

Somit kann man auch nach der Abschaltung des öffentlichen TELEX-Netzes die alten Maschinen wieder verwenden, denn viele haben Spaß daran, die alte Technik noch laufen zu sehen. Sei es nun aus musealen oder nostalgischen Gründen... oder weil man sich für die komplexe Technik begeistern kann.

Weiterführende Informationen gibt es bei Wikipedia: